Konstruktionsfehler 2

Aufgrund von verminderter Einbaudicke im Estrich sorgen gespaltene Bodenplatten für rote Köpfe.

Herausforderung

Im Mai 2015 wurde im Erdgeschoss eines Betagtenzentrums ein Calciumsulfat Fliessestrich als Unterlagsboden eingebaut. Auf diesem wurde im Anschluss ein keramischer Bodenbelag verlegt. Im Laufe der Zeit hat sich der keramische Bodenbelag vom Unterlagsboden abgelöst. Es waren viele gespaltene Bodenplatten zu beklagen, insbesondere in Bereichen mit partiellen Belastungen durch Events. Zur Klärung der Ursache wurde ich als Gutachter beigezogen.

Lösung

Für die höchste Festigkeitsklasse eines Calciumsulfat Fliessestrichs nach Norm SIA 251 :2008 (CAF C35-F7) ist die minimale Anforderung an die Biegezugfestigkeit nach SIA 251 :2008 Tab. 12 von 6.5 N/mm2 gefordert. Somit erfüllt der untersuchte Estrich die Normanforderungen an die höchste Festigkeitsklasse mit grosser Reserve.

Die in der Bestätigungsprüfung empfohlene zu erreichende Oberflächenzugfestigkeit beträgt für die höchste Festigkeitsklasse (CAF C35-F7) 1.5 N/mm2. Auch diese Anforderung erreicht der untersuchte Estrich. Der Unterlagsboden kann somit der höchsten Festigkeitsklasse CAF C35-F7 nach Norm SIA 251 :2008 zugeordnet werden.
Im Zuge der Entnahme der Estrichprismen wurde ebenfalls die Estrichdicke bestimmt. Die Estrichdicke wurde durchgehend mit ca. 45 mm bestimmt. Gemäss Norm SIA 251 :2008 Tab. 1 ist für die vorgesehene Nutzung als Korridor in einem Betagtenzentrum die Beanspruchungskategorie 82 erforderlich. In der Kategorie 82 ist die Beanspruchung mit einer Flächenlast von 3 kN/m2 und einer Einzellast von 4 kN berücksichtigt. Ist eine abweichende Beanspruchung gemäss diesen Vorgaben vorgesehen, muss die tatsächliche Beanspruchung der Dimensionierung des Estrichs zugrunde gelegt werden.

Die vorliegende Beurteilung der Estrichdicke bezog sich auf die Beanspruchungskategorie 82. Aufgrund der festgestellten Festigkeiten des Estrichs ist für die Beanspruchung gemäss Kategorie 82 nach Norm SIA Tabelle 6 eine Nennestrichdicke ohne Fussbodenheizung von 45 mm erforderlich. Bei in den Estrich eingebetteten Fussbodenheizungsrohren ist die Dicke um den Rohraussendurchmesser zu erhöhen. Somit müsste die Nennestrichdicke für Korridore und Foyer im Betagtenzentrum 60 mm betragen, unter Annahme von Fussbodenheizungsrohren
mit einem Durchmesser von 16 mm. Bei einer Nennestrichdicke von 60 mm darf der Estrich
im eingebauten Zustand Dicken von 55 - 70 mm aufweisen.
Die Estrichdicke am Objekt wurde zu 45 mm bestimmt. Somit unterschreitet der verbaute Estrich die minimale Einbaudicke um 10 mm. Die Dicke des Estrichs geht im Quadrat in die Tragfähigkeitsberechnung des Estrichs ein. Es ist aktuell von höchstens 29 mm statisch wirksamer Estrichstärke auszugehen. Eine derartige Verringerung der Estrichdicke hat einen massiven Einfluss auf die Tragfähigkeit. Die Anforderungen an die Beanspruchungskategorie gemäss Norm SIA 251 :2008 erfüllt der Estrich aufgrund der verminderten Einbaudicke nicht.

Beim Erstellen der Sondagen wurde ebenfalls festgestellt, dass sich unterhalb der EPS-Dämmung keine PE-Folie befindet. Somit war die Möglichkeit nicht auszuschliessen, dass die durch BOKE NANO festgestellte erhöhte Restfeuchtigkeit im Estrich nicht auf den Estrich selbst zurückzuführen ist, sondern auf eine ungenügende Abtrennung der darunterliegenden Betondecke. So kann die Restfeuchte in der Betondecke über die Zeit nach oben in den Estrich wandern und sich dort aufgrund des dichten Bodenbelages anstauen. Die Feuchtigkeit bewirkt im Calciumsulfatestrich einen Festigkeitsverlust, welcher ein sich ablösender Bodenbelag zur Folge hatte.

Der Calciumsulfatestrich gewinnt nach erneutem Austrocknen die Festigkeit wieder zurück. An der Dämmung konnte visuell keine Schädigung festgestellt werden.

Impressionen

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